Reichlich Tage sind vergangen und mein Bioexperiment ist abgeschlossen.
Und es ist gelungen! Nachdem am siebten Tag das Gebräu nicht mehr so sehr nach jungem Wein roch, sondern eine leichte Essignote angenommen hatte, bin ich natürlich nervös geworden. Aber: es funktioniert wunderbar. Mit dem selben Rezept wie in der Machbarkeitsstudie (Vorteig, dann normalen Teig und viel ruhen lassen) habe ich ein sehr schönes Brot in unserem Brotbackautomaten gebacken:
Auch dieses Brot hat meiner Familie geschmeckt, also ein voller Erfolg.
Mit 100ml bestehendem Hefewasser habe ich direkt ein neues angesetzt, diesmal aber nur mit einer Handvoll Rosinen, 1 Teelöffel Honig und ca. 500ml Wasser. Nach nur zwei Tagen war es sehr aktiv und das Resultat steht bereits gut gekühlt im Kühlschrank.
Das ging alles in allem überraschend einfach. Natürlich ist es kein Vergleich zu den ca. 25 Cent, die ein Block normale Frischhefe im Supermarkt kostet, aber das Resultat ist 100% Bio, kann sich sehen lassen und das Gefühl es selber machen zu können ist einfach prima.
Bis auf weiteres muss ich also keine Hefe kaufen. Gut so, denn die ist ja noch immer überall ausverkauft. Überall? Nur in einem Laden habe ich per Zufall welche entdeckt. "Habe sie gerade eingeräumt, da hinten im Regal" - hieß es und was ich fand war eine relativ magere Menge an Hefe. Aber es gab welche!
Natürlich war ich ungeduldig und habe vom 20.3. - 23.3. parallel als Machbarkeitsstudie einen Schnellversuch gestartet: die halbe Menge Rosinen, Wasser und Honig und dazu eine Kleinstmenge Industriehefe. Das hat sehr schnell angefangen zu blubbern und zu arbeiten und roch rasch alkoholisch. Nach drei Tagen habe ich es durch ein Teesieb abgegossen, die Rosinen entfernt und gebacken:
Vorteig mit 100ml Hefewasser und 100g Weizenmehl
3 - 4 Stunden gehen lassen, bis sich das Volumen verdoppelt hat
Teig ansetzen, ich habe ca. 900g Mehl dafür verwendet
Nach 5 Stunden war er bereits gut gegangen und wurde gebacken
Das Resultat war "wie immer", also gut und von einem Brot mit normaler Hefe nicht zu unterscheiden. Perfekt, damit war der Beweis erbracht, dass es gehen kann.
Nicht nur das Klopapier ist hier seit langem knapp, auch andere Sachen sind rar geworden. Mehl gibt es oft keines, Tomatenmark, Knäckebrot, nur noch drei Packungen Nudeln pro Haushalt. Oder zwei Packungen Klopapier, wenn welches da ist … bei sechs Personen im Haushalt ist das eine sehr knappe Grenze.
Dennoch glaube ich mir keine Sorgen machen zu müssen. Immerhin backen wir schon seit langem unser Brot selbst und ich habe noch Getreide um wie immer unser Mehl selbst zu mahlen. Wie lange das reicht ist ungewiss und alle Läden sind auch hier leer gekauft. Aber gut, ein paar Brote kann ich noch machen.
Wenn da nicht die Hefe wäre. Denn die ist auch aus. "Nicht mehr lieferbar" und "haben wir schon lange nicht mehr" sind Sätze, die ich zu lesen oder zu hören bekomme.
Was nun? Auf Altes besinnen und für mich Neues ausprobieren.
100 g ungeschwefelte Rosinen, alternativ 100 g Apfelschalen
500 ml Wasser
1 TL Honig
1 sauberes verschließbares Glas (ca. 1 Liter)
Das ganze bei 20 - 30 Grad (besser 30 - 36) einige Tage stehen lassen, zweimal am Tag umrühren oder sanft schütteln. Solange es nicht stinkt oder Haare bekommt, weitermachen bis es nicht mehr blubbert. Nach Entfernen der Rosinen hat man nun die feinste Wildhefe.
Wie das Experiment ausgeht ist noch ungewiss, auch habe ich noch keine Ahnung, wie das mit Vorteigen und so weiter funktioniert - einen Sauerteig habe ich bisher noch nicht geführt. Aber wir sind hier ja bei Wildhefen.
Mehr dazu kann man hier lesen: mein kuechenblog, brotdoc, smarticular, hefe und mehr